Die Geschichte des O.

„Oh je“, sagte das O. Und gleich hinterher noch: „Oh weh!“
„Was ist dir?“ frug die Autorin den niedlichen pummeligen Buchstaben, der weinend auf ihrer Tastatur saß. „Ich werde nur für seltsame Begriffe gebraucht“, schluchzte das O, „oder, ohne, Ohnmacht, Oligarchie…“
„Denk an den Erbonkel“, tröstete die Autorin , „und ohne dich gäbe es auch keinen Dialog, höchstens einen Dialüg.“
Die Tränen des O spritzen nun so sehr, dass aus der Autorin eine Autörin wurde.
„Aber was ist Oligarchie?“ wunderte sie sich.
Das O schluckte verzweifelt. „Ich weiß nicht. Ich will nur von Onanie, Orgien und Orgasmen ablenken,“ flüsterte es und sah dabei aus wie ein roter Punkt. Die Autörin suchte nach Worten. Das tat sie zwar immer, aber diesmal hatte sie dabei ein wenig zu kämpfen. „ Ohne dich gäb’s keine Ordnung, keine Orden, keinen Orient, kein Oktoberfest…“ „Hör auf!“ schrie das O, „hör auf und erinnere mich nicht daran, dass die Welt ohne mich eine bessere wäre!“ „Ich könnte dir einen Gürtel kaufen, dann kannst du dich als 8 verkleiden,“ schlug die Autorin vor. Das O sah sie nur weidwund an. Orkan, dachte die Autorin bekümmert, Orkan, Ostberlin, Osteopathie, Osaka, Ozonloch… Dann hatte sie einen Einfall: „Ort!“ rief sie triumphierend, „ohne dich hätte niemand einen Ort! Und schon garnicht an Ostern!“ „Oh..“, hauchte das O. Und so saßen sie bis tief in die Nacht und sprachen voller Wonne über den Orbis, das Original, den Opa, die Offenheit und den Ozelot, über Gott und das Morgenrot. Als letzteres zu dämmern begann,wurde das O langsam müde. Die Autorin küsste es zärtlich auf den runden Bauch. „Ohne dich hätte ich keine Worte,“ sagte sie leise. Aber da war das O schon eingeschlafen.

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